Lea Suter – Friedensaktivistin
Während des Konzertes trug Lea Suter folgende Portraits vor:
Portraits von Lea Suter: Musik als Friedensbrücke
Portrait 1: Manny Ansar – Mali
Portrait 2: Wendy Hassler Forest – Kosovo
Portrait 3: Hyung Joon Won – Korea
Frieden ist ein Dauerauftrag
Schriftliches Interview mit Lea Suter (Mitglied des Komitees für den Frieden) – Mai 2023.
Silvia Vogel: Liebe Lea. Du bist wichtige Botschafterin unseres Projekts «TimeDate – music for peace in the world» und wirst am Konzert «The Peacemakers» in Luzern mitwirken. Immer wieder berichtest du über Friedensstiftung und forderst bei kriegerischen Konflikten dazu auf, aus der Gewaltspirale auszubrechen und die Kooperation zu suchen. Wie lassen sich Brücken bauen, wo die Hindernisse schier unüberwindbar scheinen?
Lea Suter: Zuallererst muss man daran glauben, dass der Konflikt überwindbar ist, ansonsten wird er sicher unüberwindbar bleiben. Ich denke, wir sind meist der Überzeugung, dass etwas zuerst realistisch sein musst, bevor wir daran glauben. Vielleicht könnte es jedoch umgekehrt sein: Wir müssen zuerst an etwas glauben, damit es realistisch/real wird. Ich würde sogar behaupten, der Glaube, dass etwas unüberwindbar scheint, ist das grösste Hindernis überhaupt… Natürlich reicht diese innere Haltung alleine nicht aus. Es braucht auch sehr viel Mut, Durchhaltewillen, Kreativität und ein grosses Gespür für uns Menschen.
SV: Du wirst am Konzert in Luzern aktuelle «Peacemaker*innen» aus Kriegsgebieten vorstellen, mutige Menschen, die trotz widerlichsten Umständen unbeirrt kulturelle Friedensarbeit leisten und gefährliche Anstrengungen auf sich nehmen, um die verfeindeten Parteien einen Schritt näher Richtung Frieden zu bewegen.
Gibt es Gemeinsamkeiten, welche diese Persönlichkeiten auszeichnen?
Lea Suter: Es handelt sich um sehr verschiedene Persönlichkeiten, denen ich in unterschiedlichsten Kontexten begegne. Die einen haben mit Terrorismus zu kämpfen, andere mit Stammesverfeindungen, bei wieder anderen liegt der Krieg schon ein Vierteljahrhundert zurück. Was sie wirklich alle miteinander verbindet ist, dass sie sehr mutig sind, dass sie – woher auch immer – eine innere Gewissheit haben, dass die Überwindung von Krieg möglich ist. Sie verfügen über einen enormen Friedenswillen, unerschütterliche Ausdauer und Resilienz, um mit unzähligen Widerständen, Rückschlägen und der Bedrohungen des eigenen Lebens zurechtzukommen.
SV: Papst Franziskus nannte an Ostern Frieden ein „Geschenk“ – du sprichst von Frieden als „Dauerauftrag“. An wen richtest du diese Verpflichtung?
Lea Suter: Darin sehe ich keinen Widerspruch. Frieden ist definitiv eines der grössten Geschenke, die wir hier in der Schweiz geniessen. Frieden ist aber viel mehr. Er muss permanent gestaltet, gepflegt und den Umständen angepasst werden. Der Begriff des „kollektiven Dauerauftrags“ bezieht sich auch auf die Definition des UNO-Sicherheitsrats von „Nachhaltigem Frieden“. Darin wird betont, dass Friedensarbeit nicht nur nach Konflikten – wie man dies früher verstand – sondern auch präventiv verstanden und gefördert werden muss. Dieses Verständnis ist gerade für uns hier, in der Schweiz, wichtig. Sonst denken wir: „Frieden haben wir schon, um den müssen wir uns nicht mehr kümmern.“ Das ist eine sehr trügerische Annahme. Deshalb ist es mir ein Anliegen, dass wir Frieden als kollektiven Auftrag verstehen, der also alle Lebensbereiche miteinbezieht, von der Politik, über Medien, Unternehmen, Kultur, Schule bis hin zum Privatleben.
SV: Wo siehst du die Bedeutung von Musik – und somit auch der Konzerte, die an diesem Weltfriedenstag 2023 rund um den Globus erklingen werden – zur Friedensförderung?
Lea Suter: Mein Ansatz ist es, dass jede und jeder einen Beitrag zur Friedensstiftung leisten kann: Die einen tun dies über Musik, andere über Politik, Klimaaktivismus, in der Schule oder der Familie. Wichtig ist, dass wir dem Frieden eine Stimme geben, die unseren Alltag durchdringt. Nur so kann eine echte, aktive Friedenskultur entstehen. Frieden ist kein theoretisches Konzept und nichts, was wir von anderen erwarten können. Frieden entsteht dann, wenn wir selbst ins Handeln kommen. Ich glaube nicht, dass Musik grundsätzlich friedensfördernd ist. Sie kann genauso gut Hass und Gewalt fördern, dafür gibt es historisch viele Beispiele. Für mich kommt es immer auf die Haltung an, mit der wir etwas tun. Deshalb spreche ich gerne von „Friedenshaltung“.
Danke für dieses anregend-gehaltvolle Gespräch.
Fernsehsendungen zum Thema «Frieden» mit Lea Suter:
‚Zischtigsclub’ vom 19. Juli 2022: «Wie erreicht man den Frieden?»
www.srf.ch/play/tv/club/video/wie-erreicht-man-den-frieden?urn=urn:srf:video:a5f5ee6a-286a-4bb3-b148-ebd18999206b
Sternstunde «Philosopie» vom 2. April 2023:
www.srf.ch/play/tv/sendung/sternstunde-philosophie?id=b7705a5d-4b68-4cb1-9404-03932cd8d569
Die Friedensaktivistin, Lea Suter (siehe Komitee für den Frieden) spricht im SRF 2.
Autor:in: Judith Wipfler
09.04.2022, 17:59 Uhr : SRF 2 Perspektiven
Da hilft nur noch beten, dachten viele, als der Krieg ausbrach. Sie gingen spontan auf die Strasse, um für Frieden zu demonstrieren. Aber, hat die Friedensbewegung nicht versagt? Warum gelang es nicht, mit Präsident Putin im Gespräch zu bleiben? Friedensbewegte suchen nach Antworten.